Herr Beyer, was wünschen Sie sich zu Weihnachten?
Materielle Wünsche habe ich keine. Aber ich wünsche mir schon sehr, dass die Welt zur Ruhe kommt. Dass diese Corona-Unsicherheit ein Ende hat. Auch, dass die Menschen wieder respektvoller miteinander umgehen und gerade in der Politik der raue Ton eleganten, kompetenten
und vor allem wahren Argumenten weicht.
Ein denkwürdiges Jahr neigt sich dem Ende zu. Sie als Optimist: Was nehmen Sie Positives mit ins nächste?
Vor Corona schien die Gier etwas ausser Kontrolle zu geraten. Alles musste noch schneller gehen, noch grösser werden, noch mehr Profit abwerfen. Diese Blase ist geplatzt, vielleicht hatte es doch was Gutes. Auf jeden Fall hat die Krise meine Bewunderung für meine Vorfahren geschärft und mir in Erinnerung gerufen, dass wir noch Glück haben: Andere Beyer-Generationen mussten Krieg, Seuche und Wirtschaftskrise gleichzeitig durchstehen, Personal entlassen, ihre Häuser verkaufen, um die Zukunft bangen.
Worauf sind Sie 2021 besonders gespannt?
Ob wir es schaffen, zu einer gewissen Normalität zurückzufinden, ohne in alte Muster zurückzufallen. Was ich nicht verstehe: Trotz düsteren Aussichten werden fleissig Ferien am Meer gebucht. Dabei ist die Schweiz unglaublich schön. Ich sehe immer noch zu wenig Romands in der Deutschschweiz und zu wenig Deutschschweizer in der Romandie. Ich wünschte mir mehr Austausch im eigenen Land.
Der Umsatz von Beyer Uhren & Juwelen wird Ende Jahr 75 bis 80 Prozent des letztjährigen Rekordjahrs betragen:
Worauf führen Sie die für dieses turbulente Jahr doch versöhnlichen Zahlen zurück?
So versöhnlich sind die nicht. 80 Prozent reichen, um die laufenden Kosten zu decken und den Umbau planmässig abzuzahlen. Aber es stimmt schon: Wir sind nicht getaucht, obwohl das ein realistisches Szenario war. Nach dem Lockdown spürten auch wir eine gewisse Euphorie bei der
Kundschaft. Viele wollten sich wohl etwas Gutes tun, die Tristesse vergessen. Doch auf Dauer macht es keinen Spass, Luxus mit einer Maske einzukaufen. Die ganze Sinnlichkeit fällt weg.
Haben Sie sich in diesem Jahr persönlich verändert?
Ich bin demütiger geworden. Corona zeigt, wie unbedeutend wir alle sind. Und wie viel stärker die Natur ist. Es war ein Jahr der Bewährung, ein Jahr der Ausdauer und der Geduld. Aber keines, an dem man wachsen könnte und das einen zum besseren Menschen machen würde.
Gibt es etwas, was Sie nächstes Jahr nachholen wollen?
Unbedingt: Reisen! Ich wäre jetzt wahnsinnig gern in Vietnam, Korea oder Amerika. Es fehlt mir enorm, dass ich mir nicht vor Ort ein Bild
über die Welt machen kann. Eine Kreuzfahrt wäre schön. Aber ich freue mich erst einmal auf ein paar Tage Ferien in der Schweiz.
Als Unternehmer müssen Sie die Zukunft aufgleisen. Wohin führt die Reise? Und vor allem: Wie lange noch mit Ihnen als Kapitän?
Ich bin 57, ich schätze, ich werde noch sieben bis zehn Jahre machen. Mit dem Umbau haben wir dieses Jahr sicher einen Meilenstein erreicht, nächstes Jahr feiern wir den 50. Geburtstag des Uhrenmuseums, für 2022 planen wir etwas Grösseres. Aber im Moment fällt es schwer, Euphorie
zu entwickeln. Die Grundfesten unserer Branche wackeln. Die Uhrenindustrie wird sich stark verändern. Das wird auch uns tangieren, obwohl wir sehr gut aufgestellt sind.
Zurück zu Weihnachten: Wie werden Sie sie verbringen?
Bis spät an Heiligabend hier im Geschäft, es sind die wichtigsten Tage im Jahr. Dann, wie immer, im Kreis der Familie in Bad Ragaz, allerdings mit deutlich weniger Leuten als auch schon. Und in der Altjahreswoche wieder im Geschäft: Mit der Inventur beginnt das Spiel von vorn.
Das Gespräch wurde Anfang Oktober geführt: Möglicherweise wurden Aussagen von der Aktualität überholt.