NICHOLAS FOULKES Der britische Historiker, Buchautor und Journalist gilt als profundester Kenner von Patek Philippe. Fürs beyond kommentiert er spezielle Epochen und Phänomene.
DIE GLORREICHEN SECHS
Der Ausdruck der Zeit in seiner ganzen Vielfalt: Die Kombination von Chronograph und ewigem Kalender ist die Paradedisziplin von Patek Philippe.
1518 – 2499 – 3970 – 5020 – 5970 – 5270: Für Fans von Patek Philippe ist diese Zahlenreihe reine Poesie. Jede Chiffre erinnert an einen aussergewöhnlichen Zeitmesser, in ihrer Abfolge wirken sie wie ein «roman-fleuve». Denn sie erzählen eine der schönsten Geschichten über die Uhrmacherkunst. Patek Philippe kann nicht für sich in Anspruch nehmen, den Chronographen, den ewigen Kalender oder die Mondphasenanzeige erfunden zu haben. Aber die Absicht, diese Komplikationen nicht nur in Taschenuhren, sondern auch als Armbanduhr anzubieten, bekundete Patek bereits zu Beginn der 1920er-Jahre: mit dem ersten Schleppzeiger- Chronographen fürs Handgelenk, dem ersten serienmässigen Chronographen in einem Offiziersgehäuse und 1925 mit der berühmten Seriennummer 97975, der ersten Armbanduhr mit ewigem Kalender.
1941 entstand daraus die Referenz 1518 – der erste in Serie gefertigte Chronograph mit ewigem Kalender. Diese Uhr begründete auch das heute bekannte Design der Chronographen mit ewigem Kalender von Patek Philippe: Zwei Fenster im oberen Teil des Zifferblatts zeigen den Tag und den Monat an, die laufende Sekunde befindet sich bei neun Uhr, der Minutenzähler bei drei Uhr, und die Mondphasenanzeige ist elegant in einem Hilfszifferblatt mit grösserem Durchmesser bei sechs Uhr angeordnet.
Diese Optik verleiht der Komplikationenkombination eine visuelle Identität, die noch unterstrichen wird durch die Popularität der Haupt-Nachfolgemodelle der Referenz 1518 im zwanzigsten Jahrhundert.
Davon gab es nur zwei: Die legendäre Referenz 2499, die von vielen als das Meisterwerk des Genres angesehen wird, wurde rund drei Jahrzehnte lang produziert, bevor sie 1985 von der Referenz 3970 abgelöst wurde, die ihrerseits zwanzig Jahre lang hergestellt wurde.
Die Referenz 3970 markierte denn auch einen Wendepunkt in der Produktion. Von ihr kamen deutlich mehr Exemplare auf den Markt als von ihren sehr raren Vorgängerinnen. Zwar darf auch die damals produzierte Stückzahl aus heutiger Sicht als relativ gering bezeichnet werden für eine zwei Jahrzehnte andauernde Serie. Und doch war sie beachtlich für eine Uhr von solcher Komplexität und solcher Qualität zu jener Zeit – ein eindrücklicher Beleg für die Vorreiterrolle von Patek Philippe im Bereich dieser seltenen Doppelkomplikation.
Erwähnenswert sind zwei weitere Referenzen aus den 1980er- und 1990er-Jahren: die Referenz 3971, eine Variante der Referenz 3970, und die eigenwillige Referenz 5020 mit kissenförmigem Gehäuse, die aufgrund ihrer Originalität zu meinen persönlichen Favoriten zählt.
Das Kaliber CH 27-70 Q der Referenz 3970 kam auch bei der Referenz 5970 zum Einsatz. Thierry Stern war von seinem Vater gebeten worden, einen Ersatz für die Referenz 3970 zu kreieren. Seine Antwort war ein modernes Meisterwerk, mit einem Durchmesser von 40 Millimetern leicht grösser als ihre Vorgängerinnen. Dadurch waren die Angaben besser lesbar, insbesondere das Datum. Die Uhr wurde zwar nur von 2004 bis 2010 produziert, aber in einer überraschenden Vielfalt von Zifferblattfarben und Metallen, die Sammlerinnen und Sammler heute noch begeistert.
Derzeit gilt die edle Referenz 5270, ausgestattet mit dem Chronographenkaliber CH 29-535 PS Q, als charakteristische Kombination von Patek Philippe. Sie erhielt eine zusätzliche Tag-und-Nacht-Anzeige, und die Schaltjahresanzeige wurde von einem mit dem Minutenzähler geteilten Hilfszifferblatt in eine kleine runde Öffnung verlegt – ansonsten ist die Gestaltung des Zifferblatts dieselbe wie bei ihren Vorgängerinnen.
Neben all der uhrmacherischen Brillanz und der unbestrittenen Schönheit dieser Uhren bieten sie ihren Trägerinnen und Trägern vor allem das Vergnügen, den Ausdruck der Zeit in seiner ganzen Vielfalt zu erleben. Da ist der schnelle Sekundentakt des Chronographen, da der regelmässige 24-Stunden-Zyklus des Tages, der langsame Rhythmus des Kalenderverlaufs in Monaten und Jahren und schliesslich die Anzeige der Mondphasen, die an die Ewigkeit erinnert.