World of Patek Philippe

Nicholas Foulkes schürft in der Geschichte der bedeutendsten Uhrenmarken der Welt.

NICHOLAS FOULKES Der britische Historiker, Buchautor und Journalist gilt als profundester Kenner von Patek Philippe. Fürs beyond kommentiert er spezielle Epochen und Phänomene.


ALLE ZEIT DER WELT

Am 4. Oktober 1958 führte die BOAC, Vorläuferin der British Airways, den ersten Transatlantikflug mit einem Düsenjet durch. Ein Flugzeug ging in London um kurz vor 9 Uhr in die Luft, und einige Stunden später, um 7 Uhr Ortszeit, verliess eine Maschine den Idlewild Airport in New York in Richtung London. Damit war das Zeitalter des Düsenjets eingeläutet. 1960 lancierte Patek Philippe den dazugehörigen Zeitmesser: die Referenz 2597, auch bekannt als «Cross Country» oder «Two Time Zone». Mit Drückern bei 8 und 10 Uhr liess sich der Stundenzeiger vor- oder zurückstellen, ohne dass dafür die Krone berührt werden musste. «Bei einer Uhr mit der herausragenden Präzision einer Patek Philippe kann es, wenn man sie von Hand vor- oder zurückstellen muss, schnell zu Abweichungen kommen», erklärte das Unternehmen damals.

Die Referenz 2597 wurde von Louis Cottier entworfen. Cottier war ein Genie, wenn es um Reiseuhren ging. Sein OEuvre bei Patek wurde mit dem Kürzel HU für «Heures Universelles» versehen. Schon die erste Weltzeituhr aus den 1930er-Jahren umfasste ein Zifferblatt mit zwölf Indizes, einen Reif, der es umgab und mit 24 Stunden beschriftet war, sowie über 30 markierte Städte und Orte, die für die Zeitzonen standen, darunter amüsanterweise Klondike. Es war eine Sensation: Die Träger dieser Uhr konnten die Zeit überall auf der Welt lesen, indem sie ihren Aufenthaltsort an der 12-Uhr-Position ausrichteten.

Das elegante und zugleich schlichte Modell markierte den Beginn einer langen und glanzvollen Erfolgsgeschichte für Patek Philippe im Bereich der Reiseuhren, aus der einige der begehrtesten Zeitmesser hervorgingen. Sammler sind heute bereit, sechs- oder gar siebenstellige Beträge auszugeben für die seltenen HU-Modelle von Patek, die Referenz 1415 HU (hergestellt von 1939 bis Mitte der 1950er-Jahre) und die Referenz 2523 HU, die Erstere ersetzte und bis Mitte der 1960er-Jahre produziert wurde.

MEISTERWERKE AUS EMAIL

Die späten Sechziger stehen für das goldene Zeitalter des Reisens – entsprechend gelten diese Uhren als Inbegriff des Lebensgefühls über den Wolken. Bei Sammlern besonders begehrt sind die Modelle mit den prächtigen Emailzifferblättern, auf denen oft eine Miniaturweltkarte abgebildet ist. Diese Meisterwerke erzählen Geschichten von einer Welt, in der Reisen noch Privileg und Vergnügen war. Und sie sind Zeugnis dessen, was Patek Philippe ausmacht: des Spiels von komplexer Mechanik, uhrmacherischer Innovation, Zweckmässigkeit und Ästhetik. An ebendiesen Werten orientiert sich Patek Philippe bei der Entwicklung von Reiseuhren noch heute. Die erste moderne Weltzeituhr, die Referenz 5110, kam Anfang dieses Jahrhunderts auf den Markt. Mit dieser aktualisierten Version von Cottiers Modell wurde vor allem die Benutzerfreundlichkeit verbessert: Ein Drücker bei 10 Uhr ermöglichte es, den Städtering und die Ortszeit bequem einzustellen. Die Referenz 5110 setzte einen neuen Massstab für Weltzeituhren. Auf sie folgten die Referenzen 5130 und 5230. Bei der kürzlich erschienenen Referenz 5231 erlebte schliesslich auch die traditionelle Technik des Cloisonné-Emails eine glanzvolle Rückkehr. Wer Komplikationen gern kombiniert, wird sich an der Referenz 5930 erfreuen – einer äusserst eleganten Weltzeituhr mit Flyback-Chronograph und automatischem Aufzug.

EINE NEUE ZWEI-ZEITZONEN-ANZEIGE 

Zeitgleich zum Erfolg der modernen HU-Modelle wurde die «Travel Time» mit ihrer Zwei-Zeitzonen-Anzeige entwickelt. 2011 erschien die Referenz 5164, die robuste «Aquanaut Travel Time», und 2014 wurde die beliebte «Nautilus»- Reihe um den «Travel Time Chronograph» (Ref. 3990) erweitert. Die «Calatrava Pilot» (Ref. 5520) schliesslich kombiniert – wie ihr Name schon andeutet – die einfache Zwei-Zeitzonen-Anzeige mit der bemerkenswerten Alarm Travel Time. Sie ist durch ihre Drücker in der Gehäusewand sofort wiedererkennbar. 

Doch meine Favoritin ist die Referenz 5326. Sie kombiniert die Eleganz des «Clous de Paris»-Dekors am Gehäuseband und des strukturierten anthrazitfarbenen Zifferblatts mit einer Reisezeitfunktion mit Tag-/Nachtanzeige. Hinzu kommt ein Jahreskalender. Dadurch entsteht eine Uhr von seltener Eleganz und ästhetischer Harmonie. Wenn nur das Reisen heutzutage noch so stilvoll wäre wie die weltumarmenden Uhren von Patek Philippe!

Beyer Chronometrie